Als Experte von Espace Suisse darf ich die Nutzungsstrategie für Arbon begleiten.
Das frühere Projekt sei ein Infrastrukturprojekt gewesen. Jetzt soll es ein Gesamtkonzept geben, sagt der Stadtrat und gibt für 50 000 Franken eine Nutzungsstrategie in Auftrag.
Bild: Donato Caspari
Der Stadtrat informiert auf dem Fischmarktplatz über seinen neuen Plan zur Aufwertung der Arboner Altstadt.
Da und dort wurden zwischendurch Stimmen laut. Sie fragten, warum sich der Arboner Stadtrat nicht dem Thema «Aufwertung Altstadt» annimmt, jetzt, wo viele andere Projekte blockiert sind. Und genau das tut er nun. Wie wichtig das Thema den Stadträten ist, zeigten sie am Montag mit ihrer Präsenz an der Medienorientierung auf dem Fischmarktplatz: Vier von fünf nahmen teil. Stadtpräsident Dominik Diezi sagt: «Wir wollen den Faden wieder aufnehmen. Aber anders.»
Das umstrittene Vorgängerprojekt «Lebensraum Altstadt» des ehemaligen Stadtrates konnte die Arboner vor zwei Jahren bekanntlich nicht überzeugen.
Frühere Analyse verschwand in Schublade
«Lebensraum Altstadt» war laut Diezi eher ein «Infrastrukturprojekt». Im Zentrum standen ein neues Verkehrsregime auf der Haupt- und der Promenadenstrasse und die Strassenraumgestaltung durch Möblierung und Beleuchtung. All das stelle keine Garantie für eine Belebung der Altstadt dar, findet der Stadtrat. Deshalb wolle er ein Gesamtkonzept erarbeiten.
Bild: Donato Caspari
Die Arboner Altstadt von oben.
Im Fokus steht die Nutzung. Was geschieht mit den Erdgeschossen? Gibt es zukünftig noch Läden in der Altstadt? Was geschieht mit der Gastronomie? Vor dem Hintergrund solcher und anderer Fragen hat der Arboner Stadtrat die Erstellung einer Nutzungsstrategie durch das «Netzwerk Altstadt» des Schweizer Raumplanungsverbands Espace Suisse in Auftrag gegeben.
Espace Suisse hat laut Diezi bereits im Jahr 2010 eine Analyse der Arboner Altstadt erarbeitet, die aus unbekannten Gründen in der Schublade gelandet sei. Jene Analyse könne in aktualisierter Fassung nun als Grundlage dienen. Die Nutzungsstrategie kostet rund 50 000 Franken, welche das Parlament mit dem Budget bereits bewilligt haben.
Espace Suisse werde im Rahmen ihrer Nutzungsstrategie einen Massnahmenkatalog erarbeiten. Dieser soll Ende November 2021 vorliegen. Espace Suisse arbeitet laut eigenen Angaben eng mit der Bevölkerung und den Erdgeschossbetreibern zusammen und hat bereits mehrere Regionalzentren beraten, darunter auch Romanshorn, wo die Stadt erste Zwischenergebnisse in Aussicht stellt.
Kaputte Rohre sind nicht mehr zentral
Vor zwei Jahren hiess es, die Stadt stünde bezüglich Altstadtaufwertung unter Druck, weil die Gelder aus dem Agglomerationsprogramm des Bundes nicht ewig zur Verfügung stünden. Hierzu gibt Sieglinde Neyer von der Stadtentwicklung Entwarnung: «Die Stadt kann bis 2027 davon profitieren, wenn bis dahin eine Finanzierungsvereinbarung vorliegt.» Und was ist mit der Sanierung von Werkleitungen, die im Abstimmungskampf als so dringlich erachtet wurden? Diezi sagt: «Wir nehmen uns dem an.»
«Es kann aber nicht sein, dass ein solches Projekt auf kaputten Rohren basiert. Es braucht eine Vision.» Dominik Diezi, Stadtpräsident Arbon
Öffentlicher Infoanlass hierzu am 1. Dezember, 19 Uhr im kath. Pfarreizentrum, Martinssaal.
Nach der Abstimmung standen alle Beteiligten vor einem Scherbenhaufen
Der 2,7-Millionen-Kredit zur Aufwertung der Altstadt ist im Herbst 2018 gescheitert: 1519 Stimmbürger legten ein Ja, 1857 ein Nein in die Urne. Das Projekt knüpfte an die Neue Linienführung Kantonsstrasse (NLK) an, welche seit Oktober 2013 den Durchgangsverkehr im Städtli deutlich reduziert hat. Mit dem Projekt sollte die Attraktivität des historischen Stadtkerns gesteigert werden. Vorgesehen waren: eine Begegnungszone, eine neue Gestaltung sowie ein neues Verkehrsregime auf der Haupt- und der Promenadenstrasse. Arbon hätte 2,7 der 5,1 Millionen Franken bezahlt. Der Rest wäre der Stadt vom Bund übers Agglomerationsprogramm und aus anderen Kässeli zugeflossen. Nach der Abstimmung standen alle Beteiligten vor einem Scherbenhaufen. Auch ein runder Tisch unter der Führung des damaligen Stadtpräsidenten Andreas Balg brachte anschliessend nur ernüchternde Ergebnisse.